Wie kann man dafür sorgen, dass sich der Gesang im Bandgefüge durchsetzt?
Eigentlich scheint es ganz einfach zu sein, in der Realität ist die gute Hörbarkeit (oder gar Verständlichkeit!) des Gesangs häufig problematisch. Ich schreib einfach mal ein paar Tips auf, die man (erstmal grundsätzlich genreunabhängig) benutzen kann, um es zu schaffen, dass die Vocals gut durchkommen. Manche der Lösungen funktionieren mit dem einfachsten Equipment, für manche wird schon etwas mehr benötigt.
Wichtig ist natürlich erstmal: ein vernünftiges Mikro, ein zur Stimme passendes Mikrofon. Auch sollte die Richtcharakteristik des Mikros zur Technik passen. Vielleicht klingt dann das dynamische Mikro mit der breiten Niere unterm Strich doch ausgewogener und schöner als das superenge Kondensator. Und was ganz klar ist: ein wenig Volumen sollte die Stimme schon mitbringen!
Oft klingt der Gesang (und Sprache!) viel zu polternd und basslastig. Das liegt häufig am Nahbesprechungseffekt der meisten Gesangsmikros. Was je nach Vokalist solo und beim Gesang noch angenehm und warm klingt, kann bei anderen Passagen, Plosivlauten und im Bandgefüge massiv stören. Also zuerst mal den Locut an und ihn ruhig auch mal richtig nach oben ziehen, bis man die fehlenden Bässe merkt, und dann wieder zurücknehmen. Vielleicht lohnt es sich, mit dem parametrischen EQ noch zusätzlich genau die Frequenz in den Bässen zu suchen, die stört, und diese relativ schmalbandig abzusenken. Dadurch klingen die Vocals jetzt weniger bollerig, man spart aber jede Menge Headroom und klarer und verständlicher wirds auch. Falls man die Möglichkeit hat, die Subs einzeln (“Aux-Fed” o.ä.) anzusteuern, dann kann man die Vocals da ebenfalls rauslassen.
In den Mitten soll der Gesang natürlich schon nach vorne kommen, hier kann man ruhig auch mal mit Boosts arbeiten. ABER aufpassen, dass es nicht zu “plärrig” wird! Gut darauf achten, ob bei bestimmen Tonlagen oder Techniken die Frequenzen hier zu überbetont klingen. Dann heißt es: Kompromisse eingehen (weniger boosten, evtl sogar cutten) oder einen sidechainfähigen Kompressor einsetzen, und diesen per EQ/Key-Filter “empfindlicher” für diese Nervfrequenzen machen. Funktioniert dafür oft super.
Wie schon in dem Posting weiter unten erwähnt eignet sich Parallelkompression hervorragend dazu, den Gesang auch in leiseren Phrasen “oben” zu halten. Durch die Kompression klingt der Gesang eh schon mal dichter, aber durch die verhältnismäßig geringere Kompression in leiseren Phrasen säuft der Gesang auch dann nicht ab – er wird ja dann praktisch “gedoppelt”. Gerne kann man auch mal probieren den Smash-Channel ein bisschen anders zu eqen (z.B. mehr Höhen).
In den anderen Kanälen sollte man Platz für die Vocals schaffen. Das ist vor allem natürlich in den Mitten so zwischen 1k und 4k (und Höhen?) wichtig. Da gerne schon in den einzelnen Kanal-EQs nicht mit Boosts übertreiben. Wenn man sich während eines Gigs langweilt kann man ja mal probieren mit dem Mitten-Gain-Knopf die den Gesang störendste Frequenz z.B. der Zerrgitarren live in Gesangspassagen runterziehen. Funktioniert klasse, ist aber anstrengend.
Ich schicke normalerweise alle Instrumente über einen Bus, und nehme dort per EQ ein BISSCHEN was von diesen Mitten raus. So 1-3db. Das hilft schon ernorm, um dort für den Gesang zu entrümpeln. Was ich zusätzlich mache: Kompressor in den Instrumentenbus, und diesen vom Gesang fernsteuern lassen. Das ist ja wohl eine uralte Studiotechnik, klappt live aber auch sehr gut. Man sollte nur echt aufpassen dass die GR nicht übertrieben hoch ist (vielleicht auch so 1-3 oder ein paar mehr dB – sonst ist man ganz schnell beim Radio-DJ-Effekt!) und dass vor allem der Release zum Stil und Songtempo passt. Dieses Ducking ist sehr praktisch, aber es lohnt sich doch, den Output des Busses per Hand und musikalisch nachzuregeln. Nicht empfehlen würde ich, das Schlagzeug oder andere perkussive Sachen mit in den zu komprimierenden Instrumentenbus zu packen – dadurch wird das Gesamtbild doch schnell zu unrund und flackerig.
Wer kennt noch andere Tricks?